MDR-Film „Der Osten – Kloster Mildenfurth“ (Textarchiv)

Daniel Baumbach hat für den MDR einen Film über Kloster Mildenfurth produziert. Er schrieb das Buch und führte Regie. Der 30-Minuten-Film „Mildenfurth – Ein magischer Ort im Elstertal“ lief am 04.09.2018 um 20.45 Uhr Uhr in der MDR-Reihe „Der Osten – Entdecke, wo Du lebst“. Der Film hatte einen Marktanteil von 7,4 Prozent (270.000 Zuschauer im MDR-Sendegebiet).

Der Osten – Mildenfurth in der ARD-Mediathek

Hier ist der Originaltext zum Film:

Ein Gebäude, das es so im mitteldeutschen Raum kein zweites Mal gibt. Ist es eine Burg? Eine Kirche? Ein Hochhaus?

Dr. Reinhard Müller, Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie 

Vielleicht ein Dornröschen-Schloss? Jedenfalls ein verwunschener Ort, an dem man überrascht ist über das, was einem dort begegnet. Und es ist ein Ort, an dem man erst einmal eine ganze Weile verweilen muss, um das zu begreifen, was dort an Geschichte passiert ist.

Sebastian Schopplich, Arbeitskreis Kunst und Kultur Kloster Mildenfurth

Dieses Nichtabgeschlossene: Das Kloster sollte zum Schloss umgebaut werden. Es ist nicht abgeschlossen worden, so dass das Kloster erhalten geblieben ist. Und das Schloss im Kloster ist auch nicht fertig geworden. Also dieser Zwitter-Charakter, was in dieser Form selten ist.

Prof. Helmut-Eberhard Paulus, Denkmalpfleger und Kunsthistoriker

Wir haben das Phänomen der Säkularisation, der Umwandlung in ein Jagdschloss, und dieses Jagdschloss ist dann auch noch aufgegeben worden, ist im Grunde genommen dem Verfall preisgegeben worden. Und man kann heute sagen, Kloster Mildenfurth ist ein Stückweit auch Ruine. Auch das ist eine berechtigte Kategorie. 

Kloster Mildenfurth ist auch ein Ort, der eng mit den Weidaer Vögten verbunden ist. Mit der Familie, die das nach ihr benannten Vogtland beherrschte.  

Und Mildenfurth ist eine wichtige Anlaufstelle für Gegenwartskunst – vielleicht die wichtigste für Bildhauerei in Thüringen. Auf dem Areal befindet sich ein Skulpturenpark mit überlebensgroßen Plastiken. Geschaffen von Volkmar Kühn, der seit einem halben Jahrhundert hier lebt und arbeitet.

Volkmar Kühn, Bildhauer und Anwohner

Ich kann es nicht in Worte fassen, da wäre ich ja Schriftsteller. Allein dieses Atmen von alten Balkenholz und vergehenden, manchmal auch modrig riechenden Steinen. All das, das ist ein Faszinosum.

Mildenfurth ist somit mehrfach bedeutend – als historisch gewichtiger Ort mit spannender Geschichte und als Eldorado der Gegenwartsplastik. 

Hinzu kommt seine wunderbare Lage – direkt an der Weida im Elstertal. 

Im späten 12. Jahrhundert wurde das Kloster von Heinrich dem Zweiten, Vogt von Weida, und seiner Frau Berta gestiftet.

Prof. Matthias Werner, Historiker

Der hat ein schlechtes Gewissen, ein großes Schuldgefühl, weil durch ein Versehen sein Bruder umgekommen ist, er hat ein großes Bußebedürfnis, und da hat er nachts eine Vision, eine Marienerscheinung, er möge doch ein Kloster gründen als Buße. Dann gründet er 1193 in Mildenfurth die geistliche Gemeinschaft, die er dem Prämonstratenser-Orden anschließt.

Die Prämonstratenser sind ein französischer Mönchsorden, der im 12. Jahrhundert  nach Deutschland kam. Vom deutschen Mutterkloster „Unsere Lieben Frauen“ in Magdeburg aus gründete der Orden zahlreiche Niederlassungen. Kloster Mildenfurth ist eine späte Gründung. 

Für die Stifterfamilie, von der es keine zeitgenössischen Darstellungen gibt, war das Kloster Mildenfurth Zeichen ihres Machts- und Herrschaftsanspruchs. Denn die Vögte von Weida waren selbst keine Adligen. Sie waren Ministeriale und damit die Elite der adligen Dienstmannschaft.

Prof. Matthias Werner, Historiker

Der Vogt war für den Besitz einer kirchlichen Institution wie Mildenfurth verantwortlich. Er musste sie militärisch schützen. Er musste mehrmals im Jahr Gericht abhalten und dafür sorgen, dass die Gerichtsurteile vollstreckt wurden. Er hatte also Schutz- und Herrschaftsfunktionen, bekam dafür dann auch Einkünfte. Es wurde im faktisch der Zugriff auf diese geistliche Institution und deren Besitz eröffnet.

 Der Repräsentationsanspruch der Vögte von Weida war im 13. Jahrhundert immens. Größe und Ausstattung der Klosterkirche sollten ihren Reichtum widerspiegeln.

Dr. Reinhard Müller, Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie

Es war ein Statussymbol, das man benötigte. Es war aber auch sicherlich so, dass man das Kloster auch für die Verwaltung benötigte. Die schriftkundigen Mönche waren ja für alle Haushaltsbelange dienstbar.

Prof. Matthias Werner, Historiker

Ein ganz unglaublicher repräsentativer Anspruch in diesem Herrschaftsbereich. Das ist eigentlich eine fürstengleiche Herrschaft und Repräsentation. Und im krassen Gegensatz steht der rechtliche Status der Familie. Fürstengleich, aber sie sind nicht Fürsten.

In den Adelstand erhoben wurden die Weidaer Vögte erst im 14. Jahrhundert. Das belegt die Vogtländische Goldene Bulle, die gut verwahrt im Greizer Staatsarchiv liegt. Das wertvolle Papier von 1320 bestätigte die Landesherrschaft der Vögte über das nach ihnen benannte Vogtland.

 

Hagen Rüster, Thüringisches Staatsarchiv Greiz

Sie konnten die Urkunde immer verwenden als Beweis für Ihre Landesherrschaft. Und sie haben sich diese Urkunde auch von jedem König, von jedem Kaiser bestätigen lassen. Damit das geglaubt wird, und damit die anderen nicht sagen konnten: Das ist lange her und in Vergessenheit geraten. Die Urkunde hat ihre Gültigkeit behalten bis 1806, bis zum Ende des alten Reiches.

Die Macht und der Einfluss der Weidaer Vögte ist bis heute noch an vielen Orten im Vogtland zu erkennen. An der Osterburg in Weida etwa. Oder an der romanischen Doppelkapelle im Oberschloss in Greiz. Hier wurde ein Zweig der Weidaer Vögte im 14. Jahrhundert als das Adelsgeschlecht Reußen berühmt.

Von der ehemaligen Klosterkirche in Mildenfurth gibt es heute om Originalzustand nur noch das Westportal – eine Ruine. Seine Größe weist darauf hin, wie mächtig die Klosterkirche einmal war.

So ungefähr soll sie im 13. Jahrhundert ausgesehen haben: eine dreischiffige, kreuzförmige Pfeilerbasilika mit zwei Türmen am Haupteingang, dem Westportal. Ein mächtiges romanisches Kirchenbauwerk: 72 Meter lang und 23 Meter breit.

Vorbild war wahrscheinlich der Dom von Naumburg. Wohl kein Zufall. Denn dort saß der für Mildenfurth zuständige Diözesanbischof. Und Heinrich der Zweite, Vogt von Weida, war nicht nur Reichsministerialer. Er gehörte auch zu den Bediensteten des Naumburger Bischofs. Die Grundrisse beider Kirchen haben praktisch gleiche Länge und Breite. 

Dr. Reinhard Müller, Thüringisches Landesamt für Denkmal und Archäologie

Im Prinzip ist die Mildenfuther Kirche ein Zwilling des Naumburger Doms, sowohl was die die Ausmaße angeht, aber auch den Grundriss und den Aufbau. So wie in Naumburg der Raum gebildet wird, ich werde mal Kunsthistorisch, über zwei Joche gespannt sind, als große monumentalwirkende Gewölbe, so muss man sich das auch in Mildenfurth vorstellen. Das war ein Monumentalbau.

Denkmalpfleger gehen davon aus, dass Mildenfurth fast eine Eins-zu-eins-Kopie von  Naumburg war. Somit könnte die Klosterkirche Mildenfurth im Inneren in etwa so ausgesehen haben.

Dr. Reinhard Müller, Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie

Wir können über Ausstattung wenig sagen, ist viel verloren gegangen. Aber wegen der geringeren Qualität der Kapitelplastik können wir annehmen, dass es eine nicht ganz so hochwertige Ausstattung gegeben hat. 

Es waren wahrscheinlich auch die gleichen Baumeister, die an beiden Orten wirkten. Verschiedene Kapitelle weisen erstaunliche Ähnlichkeiten auf. Und jeder Steinmetz hatte seine individuelle Handschrift. Wahrscheinlich wanderten Meister und Gesellen im 13. Jahrhundert zwischen den Baustellen hin und her. 

Und den romanischen Klammerfries, der unterhalb der Traufe angebracht ist, gibt es nur in Naumburg und Mildenfurth.

Es war die Reformation, die den Niedergang von Mildenfurth einläutete. Ein katholisches Kloster wurde nicht mehr gebraucht. Der letzte Mönch starb 1553. 

Drei Jahre später begann der neue Eigentümer, Matthes von Wallenrod, mit dem Umbau der Klosterkirche. Der Festungshauptmann von Coburg und Berater des Großfürsten Johann Friedrich des Großmütigen ließ Mildenfurth zum Renaissance-Jagdschloss umbauen. 

Dr. Reinhard Müller, Thüringer Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie

Der Käufer hat sich dann überlegt, in diese Kirche baue ich mir ein Schloss. Und hat dann mit dem Material, das er vor Ort fand und durch den Abbruch eines Teils der Kirche und durch Einfügen von Etage, also Geschossdecken ein modernes Schloss gebaut, das für sich gesehen auch wieder ein Unikum darstellt. Weil diese Art von Schlossbau in Mitteldeutschland nicht vergleichbar ist. Diese Gestaltung mit erhöhtem Mittelturm und seitlichen Zwerchhäusern, die über dem kreuzförmigen Grundriss der Kirche errichtet wurde etwas Unikales ist. Man wollte hoch wohnen. Ein Hochhaus bauen, also noch einmal drei Etagen oben drauf, so dass eine vielgestaltige, sehr malerisch wirkende Silhouette entstand.

Durch den Umbau zum Schloss im 16. Jahrhundert finden sich in Mildenfurth Spuren von drei architektonischen Epochen: von der späten Romanik über die frühe Gotik bis hin zur Renaissance.

Seit über 20 Jahren gehört die Immobilie zur Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten. Eberhard Paulus, der langjährige Direktor, empfand es schon immer als ein ganz besonderes Denkmal. 

Prof. Helmut-Eberhard Paulus, Denkmalpfleger und Kunsthistoriker

Die Kunst besteht im „Sowohl-als-auch“. Weil beides ist Bestandteil der Geschichte. Aber diese eingebauten Dienste, diese Säulen, die Bögen, die konkurrieren schon ein bisschen mit den Fenstern. Man wird vor der Aufgabe stehen, die Gesamtheit des Schlosses zu sehen, wozu diese Säulen und Bögen gar nicht gehören. Und auf der anderen Seite will man auch diese Arkaden erleben, weil sie Bestandteil der Basilika sind. Man muss einen Kompromiss des Widerspruchs eingehen.

Sebastian Schopplich, Arbeitskreis Kunst und Kultur Kloster Mildenfurth

Das sind Spuren, wo man abwägen kann, was erhält man, was zeigt man, wo man das Schloss betonen kann, aber Fingerzeige lassen kann, wo man das romanische Kloster erkennt. Da sind ja auch die romanischen Kapitelle am Langhaus, die wurden zugemauert, im vergangenen Jahr waren die noch offen. Da ist die Denkmalpflege der Meinung, man verschließt die wieder, aber ich denke schon der Klosteraspekt ist wesentlich und sollte nicht verdeckt werden, wenn es geht.

Das Jagdschloss wurde nie fertiggestellt. Wahrscheinlich war dem Bauherren das Geld ausgegangen.  

Petra Hinreiner, die zuständige Fachfrau der Schlösserstiftung, hat sogar einige Zweifel, ob Matthes von Wallenrod im 16. Jahrhundert überhaupt richtig in dem Schloss gewohnt hat. So weisen die Kamine keine Rußspuren auf. Regelmäßig betrieben wurden sie demnach nicht. Auf jeden Fall hatte der Bauherr im 16. Jahrhundert seine Bauleute in das Innere des Kirchengebäudes massiv eingreifen lassen.

Petra Hinreiner, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Es wurden Strebepfeiler zum Teil vermauert und verputzt, Decken eingezogen. Im Erdgeschoß wurde Gewölbe geschaffen, um Vorratskeller zu schaffen. Das Bodenniveau wurde angehoben und Teile der romanischen Kirche wurden einfach ausgemauert und verputzt. Wir haben sie dann so überliefert bekommen und zum Teil Anfang der 90er Jahre wieder freigelegt, um Aufschlüsse über die Geschichte des Gebäudes zu erhalten.

Hier sind wieder die Gewände aus der Renaissance-Zeit. Das sind die Obergatenfenster der ehemaligen Schlosskirche. Bei der Sanierung und Restaurierung des Gebäudes muss man schauen, wieviel man von jeder Bauphase zeigt und in die Restaurierung einbezieht. Also will ich eher den Schlossumbau der Renaissance darstellen oder mehr die romanische Bauzeit erhalten und zeigen. Credo ist schon, beide Bauzeiten darzustellen. Es muss aber vermittelbar sein bzw. im Zusammenhang erlebbar. Das ist dann immer die Schwierigkeit, mit der alle am Bau Beteiligten umgehen müssen. 

Die drei Dachgeschosse mit den Zwerchgiebel-Häusern waren wohl nie für eine Nutzung gedacht. Sie sollten nur repräsentativ nach außen wirken. Innen sind sie hohl.

Im großen Saal im Erdgeschoss wurden sicherlich Feste gefeiert. Typisch für die Renaissance die Kreuzgratdecke.

Petra Hinreiner, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Nutzungsstudien gab es sehr viele in den letzten Jahrzehnten. Das Problem sind Erschließung und Betreibung. Es gab schon Ideen für Künstlerwerkstätten, Büroräume und integratives Wohnen mit Behinderten, aber es bleibt schwierig. Erstens ist ein großer Sanierungsbedarf da. Zweitens braucht es einen Betreiber, um das mit Nutzung zu erfüllen. 

Der einzige Dauernutzer der Anlage seit 50 Jahren ist Volkmar Kühn. Der Bildhauer hat sein Atelier im Kloster Mildenfurth und seit 1976 auch seinen ständigen Wohnsitz hier.

 

Volkmar Kühn, Bildhauer und Anwohner

Als ich hier angekommen bin 1968, von der Stadt Gera habe ich eine Fahrradtour gemacht. Da habe ich das gesehen, da ging mein Herz auf. Der Bürgermeister auf der Gemeinde hat gesagt, das ist ein Unding, dass sie hier drin wohnen können. Ich sage, ich stelle keine Forderungen an sie. Ich brauche einen Raum. Mehr will ich nicht, mehr brauche ich nicht. Und seitdem bin ich mit diesem Kloster verheiratet. Die Ehe kann nicht geschieden werden.

Mit seiner zweiten Frau lebt Volkmar Kühn heute neben dem Schloss im ehemaligen Schweinestall des Klosters. Auch Marita Leihbecher-Kühn ist Künstlerin. Für ihre Papierkunst und Grafik fertigt sie das Material selbst im Künstlergarten. Aus dem handgeschöpften Papier entstehen später Landschaften und Strukturen.

Volkmar Kühn ist Thüringens wichtigster Bildhauer. Seine Formensprache: lange Hände, spitze Nasen, dünne, oft androgyne Körper.  In Mildenfurth hat Volkmar Kühn seinen eigenen Skulpturenpark geschaffen. Rund ums Gemäuer stehen seine Plastiken.

Zu DDR-Zeiten hat Volkmar Kühn  den Niedergang von Mildenfurth miterlebt. Er lebte als Einziger hier. Ansonsten wurde das Gebäude als Obstlager genutzt. Bei Regen hatte Kühn immer alle Hände voll zu tun.

Volkmar Kühn, Anwohner

Das floss die Treppe runter, und das Letzte ist unten auf dem Hof gelandet. Und ich habe hier immer Fotowannen aufgestellt, um wenigstens das Größte Wasser ein bisschen abzufangen.

Erst nach der Wende erwachte das Interesse am maroden Objekt wieder.  Das neugegründete Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie ließ graben und freilegen. Bauforschung hieß das Stichwort.

Sebastian Schopplich, Arbeitskreis Kunst und Kultur Kloster Mildenfurth

Weil es ja als Grablege gegründet wurde, als Hauskloster, war ja nicht klar, ob es hier eine Krypta gibt. Das war ja nicht auszuschließen. Das hat sich meines Wissens erledigt. Da ist nichts gefunden worden.

Mehrere Meter Erde wurden abgetragen und dabei die Pfeiler der alten Basilika freigelegt. Beim Umbau zum Schloss waren sie abgebrochen worden. 

Auch das Westportal wurde von den Erdmassen der Jahrhunderte befreit. Die Grabungshelfer ABM-Kräfte der Gemeinde Wünschendorf und Studenten. Sie leisteten Großes. Aber ist wohl auch überstürzt geschehen. 

Sebastian Schopplich, Arbeitskreis Kunst und Kultur Kloster Mildenfurth

Man muss, wenn man eine Probe nimmt, genau dokumentieren aus welchem Balken sie stammt, aus welchem Gefache, um dann feststellen zu können, wie alt der Balken ist. Aber da war der Enthusiasmus so groß, dass die wissenschaftliche Dokumentation, die Bauarchäologie, da nicht hinterher kam.

Das Westportal bekam Mitte der 90er Jahre ein provisorisches Schutzdach. Mittlerweile währt das Provisorium 25 Jahre. 

Dr. Doris Fischer, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Wir haben ein spezielles Problem dort. Wir haben gipshaltige Setzmörtel und Fugmörtel. Wenn die Feuchtigkeit bekommen, zerstören die das Mauerwerk. Insofern musste das Schutzdach drauf. Das ist aber keine endgültige Lösung. Wir sind jetzt dabei, Musterachsen zu erarbeiten, wie wir weiter mit dieser Toranlage umgehen, um sie dann endgültig zu sichern. Das ist der erste Schritt.

Die Schlösser-Stiftung will die Anlage endlich mehr der Öffentlichkeit zugänglich machen. Vom West-Tor aus sollen sich Besucher Kloster Mildenfurth erschließen können.

Prof. Helmut-Eberhard Paulus, Denkmalpfleger

Dann hat man wieder die Kirche mit dem Schloss versöhnt. Man kommt durch die Kirche rein und merkt im Ablauf, wenn man hindurch geht, aha, ursprünglich war´s Kirche, und dann wird es zum Schloss verwandelt, im Durchschreiten vollzieht man die Metamorphose nach. 

Volkmar Kühn, Bildhauer

Das ist für mich das Interessante, dass das alles so sichtbar ist, die verschiedenen Ebenen.

Bisher ist es nur Volkmar Kühn, der Besuchergruppen empfängt und quasi ehrenamtlich durchs Gelände führt. Scherzhaft bezeichnet er sich als Hausmeister von Mildenfurth.

Marita Kühn-Leibecher, Anwohnerin

Das macht die Baustelle lebendig. Sonst wäre das hier immer verschlossen, immer zu. Und wir haben das über die 25 Jahre öffentlich gemacht. Wir haben keine Kasse, keinen Einlass. Die Leute müssen bei uns klingeln. 

Seit Kühn vor 50 Jahren nach Mildenfurth kam, mischt er sich ein. Immer wieder ringt er mit der Schlossverwaltung. Ebenso mit den Denkmalpflegern. Für ihn ist eine zeitgemäße Nutzung der historischen Anlage das Wichtigste.

Volkmar Kühn, Bildhauer und Anwohner

Verdammt noch mal, wir Menschen in der heutigen Zeit, wir brauchen mehr denn je vielleicht auch eine gewisse Romantisierung auch und nicht immer diese Versachlichung von Architekten, so war`s mal, so muss es wieder sein. Das maße ich mir an, dass das Denkmalleute, Denkmalschützer vermehrt verinnerlichen müssen: die Gleichberechtigung von Historie, Kunst und Naturerhalt.

Seine Skulpturen hat Kühn überall im Gelände verteilt, obwohl ihm das Grundstück gar nicht gehört. Es ist im Besitz der Schlösserstiftung. Über Jahrzehnte hinweg hat er sich die Flächen einfach genommen. 

Bürokratische Verträge mit der Stiftung waren dem Künstler immer ein Graus, er machte einfach.

Auch der Arbeitskreis Kloster Mildenfurth mit den Kühns an der Spitze macht einfach und bringt Kultur ins alte Gemäuer. Seit mittlerweile über 25 Jahren Regelmäßig gibt es Lesungen, Konzerte, Kulturabende. Hier ist der Lyriker Michael Krüger aus München zu Gast.

Michael Krüger, Lyriker

Ich bin überwältigt von dieser Ausstellung, dieses Gesamtkunstwerks, wie es hier entstanden ist. Ich habe gerade eben, als ich im Garten spazieren ging, den Kuckuck gehört. Und der Kuckuck heißt ja, dass wir morgen das doppelte Geld in der Tasche haben wie heute. Und ich hoffe, das gilt auch für das Kultusministerium hier.

Mit kleinen Mitteln stellt der Arbeitskreis immer Ende August ein Klostergartenfest auf die Beine. Kleine Betriebe der Region verkaufen ihre Waren. Es gibt Musik, Führungen und Programmpunkte für Jung und Alt. 

Jedes Jahr kommen bis zu 1000 Gäste und beleben das sonst mehr oder weniger verwaiste  Gelände. 

Sebastian Schopplich, Arbeitskreis Kunst und Kultur Kloster Mildenfurth

Ohne den Arbeitskreis wäre hier nichts. Die einzige Veranstaltung, die nicht von uns ist, das ist der ökonomische Gottesdienst am Gründungstag. Das macht Pfarrer Schulze. Ich glaube aber, wenn wir den nicht jedes Jahr ansprechen würden, ob er das dann durchgehalten hätte.  

Das kulturelle Leben ist von der Schlösser-Stiftung geduldet.  Um die Plastiken von Volkmar Kühn wird noch gerungen.

Marita Kühn-Leihbecher

Mein Mann ist bereit, über eine Schenkung diese Plastiken hier im Kloster stehen zu lassen – über sein Leben hinaus. Im Grund genommen ist das sein Lebenswerk. Und manchen Plastiken sieht man es an, dass sie hier entstanden sind und auch hier hinein gehören. 

Dr. Doris Fischer, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Die Schlösserstiftung muss mit ihm vertraglich regeln, wo die Skulpturen stehen. Ein viel größeres Problem ist die Frage der Regelung seines Nachlasses insgesamt. 

OT Volkmar Kühn

Das wird kompliziert werden, diese Übernahme der Kunst. Wer steht dafür ein? Wer ist für die Sicherheit zuständig? Wer zahlt die Steuern, die gezahlt werden müssen angeblich. Ich möchte es ja der Gesellschaft schenken.

Wer kümmert sich später mal konservatorisch und kuratorisch um die Plastiken? Das Landesmuseum Heidecksburg in Rudolstadt hatte Interesse signalisiert. Mildenfurth sollte Außenstelle werden. Problem nur, das Museum liegt in einem anderen Landkreis. Und über Kreisgrenzen hinweg Verantwortung zu tragen wird schwierig. 

Neueste Idee: Der Arbeitskreis Kunst und Kultur Klsoter Mildenfurth will eine Stiftung gründen, die das künstlerische Erbe von Volkmar, aber auch Marita Kühn-Leihbecher bewahrt.

Sebastian Schopplich, Arbeitskreis Kunst und Kultur Kloster Mildenfurth

Es geht darum, dass ein Großteil des plastischen Werkes von Volkmar Kühn hier dauerhaft präsentiert werden soll. Also, besuchergerecht ausgestellt, gesichert, entsprechend der öffentlichen Anforderungen, weil ja das Gelände geöffnet werden soll. Wir haben den Satzungsentwurf fertig und knabbern jetzt an den steuerrechtlichen Fragen, die doch komplexer sind, als wir uns das vorgestellt haben.

Die Schlösserstiftung ihrerseits will ein Konzept erarbeiten, wie künftig mit der gesamten Anlage umgegangen werden soll. Bisher gibt es aus Rudolstadt nur die klare Ansage, dass der Gewölbekeller kein Ausstellungsort mehr sein darf.

Dr. Doris Fischer, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten

Da fehlt der zweite bauliche Rettungsweg, der baulich auch nur mit großem Aufwand herzustellen wäre. Das würde eine große Zerstörung der Bausubstanz mit sich bringen. Insofern ist der aktuelle Stand, dass das leider geschlossen werden muss bzw. nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. 

Reinhard Müller, Freundeskreis Kloster Mildenfurth

Es ist ein e der großen Fragen, wie mit diesem großartigen Bauwerk umgegangen werden kann. Einerseits es in seiner Besonderheit zu bewahren. Andererseits eine Nutzung zu finden, die diesem Ort gerecht wird. Da liegt die große Herausforderung.

Der Fernsehautor

Daniel Baumbach ist Diplom-Journalist und ausgebildeter Zeitungsredakteur. Seit 22 Jahren arbeitet er als freier Journalist hauptsächlich für den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Mit seinem Label „Medienspezialist“ ist der Erfurter außerdem bundesweit als Produzent von Image-Filmen und Dokumentationen, Medientrainer, Moderator sowie Unternehmensberater tätig (Qualifikation und Berufspraxis).

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