Jubiläumsfilm über Ausbildung in Justizvollzugsanstalten

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Rund 15.000 Strafgefangene haben in den vergangenen 20 Jahren im Freistaat Thüringen die Chance bekommen, durch einen Beruf ihr Leben zu verändern. Während sie ihre Haftstrafe verbüssten, konnten sich die meist ungelernten Männer in den Justizvollzugsanstalten im Land aus- oder weiterbilden lassen, um danach draußen in eine berufliche Zukunft zu starten. Möglich wurde das durch den Europäischen Sozialfonds ESF, mit dem der Löwenanteil der Kosten für Ausbilder und Infrastruktur finanziert wurde. Seit 1997 sind so 33 Millionen Euro in 41 Ausbildungsprojekte geflossen. Rund 70 Prozent der Strafgefangenen schlossen ihre Bildungsmaßnahmen erfolgreich ab.

Film für den Festakt in JVA Tonna

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Zum runden Jubiläum des Ausbildungs- und Qualifizierungsprogramms B.I.S.S. (Bildung und Integration für Strafgefangene und Strafentlassene) hatte das Thüringer Justizministerium beim Erfurter Filmproduzenten Alexander Michel (Internetseite) einen 6-Minuten-Film in Auftrag gegeben. Der wurde zum Festakt am 14. September 2017 in der Justizvollzugsanstalt Tonna uraufgeführt und soll später auf der Internetseite des Justizministeriums gezeigt werden.

Hier geht´s zum Originalclip.

Medienspezialist engagiert für journalistische Umsetzung

Da Kameramann und Produzent Alexander Michel der Spezialist ist für außergewöhnliche bewegte Bilder, aber nicht für die journalistische Aufarbeitung eines Themas, hatte er sich für die Auftragsproduktion Medienspezialist Daniel Baumbach mit ins Boot geholt. Der Fernsehjournalist interviewte gemeinsam mit ihm in fünf Thüringer Justizvollzugsanstalten Strafgefangene und deren Ausbilder sowie den Thüringer Justizminister Dieter Lauinger (Bündnis 90/Die Grünen). Gemeinsam fanden sie einen emotional-informativen Zugang zum Thema und erstellten einen kurzweiligen Jubiläumsfilm, der beim Auftraggeber im Thüringer Justizministerium, aber auch bei den Gästen des Festaktes in der Justizvollzugsanstalt Tonna großen Anklang fand.

Ungewöhnliche Bildungskarriere in Justizvollzugsanstalt

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Der Film lässt Strafgefangene wie Martin R. zu Wort kommen, der in Haft geradezu eine „Bildungskarriere“gestartet hat. Erst ließ er sich in der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben zum Fachlageristen ausbilden, danach zur Fachkraft Lagerlogistik. Er machte außerdem den Stapler-Schein und absolvierte erfolgreich mehrere Schweißer-Lehrgänge. Dann hatte er so viel Lust am Lernen gefunden, dass er auch seinen Realschulabschluss machte. Und nun büffelt der 36jährige im Gefängnis für das Abitur. „Ich möchte Jura studieren und dann Rechtsanwalt oder juristischer Berater werden. Staatsdienst kommt ja nicht mehr in Frage“, sagt er lachend. Martin R. ist dankbar für die Chancen, die ihm das Land Thüringen und der Europäische Sozialfonds mit der Ausbildung in Haft bieten. „Das ist ja nicht selbstverständlich. Selbstverständlich wäre Tütenkleben, die Leute beschäftigen. Aber das man sich so gut weiterentwickeln kann. Bildung bewirkt ja immer eine Weiterentwicklung, auch eine geistige. Ich denke jetzt über viele Sachen anders, komplexer, weiträumiger.“

Lernen im geschützten Raum JVA

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Die Berufe, die die Strafgefangenen in Thüringer Justizvollzugsanstalten erlernen oder sich dort für eine Ausbildung qualifizieren können, sind sehr unterschiedlich. Vom Koch und Kellner über Metallbauer, Maler, Maurer, Gärtner, Tischler bis hin zum Logistiker ist einiges dabei. Die Chancen, dass die Männer, die in Freiheit meist keinen Beruf erlernt haben, in Haft erfolgreich lernen, sind groß. Denn wie Simone Kinder, die Ausbildungsleiterin des Bildungsträgers BfW sagt, fehlt in Haft einfach die Ablenkung. „Draußen kann man mit den Freunden Parties feiern, man kann die Hausaufgaben nicht machen, was auch immer.

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Hier in den JVAs ist es tatsächlich ein geschützter Raum“, so Kinder. Und ihr Kollege Steffen Becker pflichtet bei: „Wir arbeiten hier unter Laborbedingungen. Deshalb haben wir sehr gute Ergebnisse. Alle Gefangenen sind morgens pünktlich, sind nüchtern.“ Die Bildungsträger BfW und Grone kümmern sich auch nach der Haftentlassung um die Teilnehmer ihrer Lehrgänge. „Wir machen Bewerbungsunterlagen, wir machen Vorstellungsgespräche, und die Nachfrage der Arbeitgeber zeigt eben auch, sie sind interessiert“, sagte Joachim Kiefer, ein Grone-Ausbilder.

Nachfrage nach Fachkräften ist groß

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Wenn ein Strafgefangener eine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat, dann sind seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt derzeit wohl so gut wie noch nie. Da in vielen Bereich Fachkräfte fehlen, schauen die Arbeitgeber oftmals über die Vergangenheit der Bewerber hinweg bzw. gehen mit dieser offener um als früher. Julian S., der in der Jugendstrafanstalt Arnstadt eine Jugendstrafe absitzt, hat in der Haft sein erstes Lehrjahr zum Restaurantfachmann absolviert. Wenn er demnächst auf Bewährung rauskommt, dann wird er die Ausbildung in einem Arnstädter Restaurant fortsetzen. „Ich habe von Anfang an mit offenen Karten gespielt, habe gesagt, dass ich in einer Jugend mal was verbockt habe, dass ich derzeitig noch eine Jugendstrafe verbüße. Meiner Meinung nach waren sie nicht voreingenommen, kein Schubladendenken, keine Vorurteile. Die waren korrekt, die Leute“, sagt der junge Mann. Ähnliche positive Erfahrungen haben viele der Strafgefangenen gemacht. Wenn sie draußen einen Job finden, durchhalten und nicht in ihr altes straffälliges Leben zurückkehren, dann haben sie eine echte Chance, den Absprung zu schaffen und ein normales bürgerliches Leben zu führen.

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Oder wie es Thüringens Justizminister Dieter Lauinger ausdrückt: „Wenn es uns gelingt, dass die Inhaftierten hier die Zeit sinnvoll nutzen, entweder, eine Ausbildung hier abschließen oder zumindest sich ausreichend qualifizieren, dass sie anschließend in eine Ausbildung gehen können, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Resozialisierung gelingt, in meinen Augen drastisch höher.“

Der Autor

Daniel Baumbach ist Diplom-Journalist und arbeitet seit 22 Jahren als freier Journalist in Thüringen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Mit seinem Label Medienspezialist ist der Erfurter außerdem seit Jahren bundesweit als Produzent von Imagefilmen, Medientrainer, Veranstaltungsmoderator und Unternehmensberater tätig (Berufspraxis).

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