„Die Schweden in Erfurt“ für 3Sat-Magazin

Für die „3Sat-Länderzeit“ am 12. Mai um 16.30 Uhr hat Daniel Baumbach als Autor einen sechsminütigen Fernsehbeitrag produziert. Das Thema: Die Schweden im 30jährigen Krieg in Erfurt. Der Medienspezialist begibt sich in seiner Heimatstadt mit der Kamera auf Spurensuche. Was weist nach fast 400 Jahren noch auf die schwedische Besatzung zwischen 1631 und 1650 hin? Zum Beispiel Abbildungen vom Schwedenkönig Gustav Adolph und Geschenke für ihn. Bis ins 20. Jahrhundert wurde der Monarch, Protestant und Feldherr in Erfurt verehrt.

Zur Sendung in der 3Sat-Mediathek.

Hier der Originaltext des Fernsehbeitrags:

Für die Erfurter war der Oktobertag 1631 ein Besonderer. Zogen mit den schwedischen Truppen auf dem Domplatz doch die vermeintlichen Erlöser ein – von der ungeliebten kurmainzischen Herrschaft und auch von der Herrschaft der Schutzmacht Sachsen. Und Schweden-König Gustav Adolph stand im Ruf, ein gerechter Herrscher zu sein. Einer, der seine Untertanen nicht nur knechtete und ausbeutete. Sein Domzil für insgesamt neun Tage direkt am Domplatz: das Gasthaus zur Hohen Lilie, eines der traditionsreichsten Häuser am Platz.

Stadtführer Reiner Prass baut die Hohe Lilie in fast jede seiner Touren mit ein.

Reiner Prass, Historiker und Stadtführer:

„Gustav Adolph sah Erfurt als Basis, um Mitteldeutschland zu kontrollieren – auch, um von hier aus gegen die katholischen Fürsten und Städte in Süddeutschland operieren zu können.“

Die Erfurter verknüften mit ihm die Hoffnung, eine freie Reichsstadt zu werden – und vom Katholizismus loszukommen. Galt der Schwedenkönig doch in Europa als Sicherer des Protestantismus. In Schutzbriefen, den so genannten „Salva Guardia“, versicherten die Schweden den Erfurtern ihre Patronage.

Und im Mariendom, dem Zentrum der katholischen Kirche in der Stadt, konnten die protestantischen Bürger unter den Schweden ihre neue Macht demonstrieren. Sie erzwangen, dass auch sie den Dom für Gottesdienste nutzen durften. Auch räumte ein schwedischer Reichskanzler mit Säge und Stemmeisen mit einer katholischen Legende auf.

Reiner Prass, Historiker und Stadtführer:

„Die beiden Heiligen Adolar und Eoban sollten unverwest in zwei Holzfiguren aufbewahrt werden. Er ließ dann, diese Reliquienstatuen aufsägen, um zu zeigen, dass das nicht möglich war. Man fand am Ende auch nur Knochenreste. Das war eine Form gewaltsamer religiöser Aufklärung im Gewand der Wissenschaft.“

Unter der schwedischen Herrschaft erlebte das Druckwesen in Erfurt eine erste Blüte. Mit Flugblättern und Büchern verbreiteten die Schweden Dekrete und protestantische Ansichten.

Nicht zuletzt erlebte auch das Brauwesen eine Hochzeit. Schwedische Soldaten waren dem Erfurter Bier sehr zugeneigt und kurbelten den Absatz mächtig an.

Die Riemer, die an die Truppen, Sattel und Lederriemen verkauften, widmeten dem Schwedenkönig an ihrem Zunftpokal eine Medaille. Seitdem wird eine der wichtigsten Kostbarkeiten des Erfurter Stadtmuseums Gustav-Adolph-Pokal genannt.

Hardy Eidam, Direktor Stadtmuseum Erfurt:

„Dann trägt zu seiner Überhöhung, die er hier in Erfurt genießt, bei, dass in dem Moment, als er dann fällt, seine Frau noch in Erfurt weilt. Und auch da gibt es wieder eine Legende, dass in diesem Moment in ihrem Quartier eine schwarze Katze von einem Regal gesprungen ist, das Geschirr mitgerissen hat, und genau das die Todesstunde war.“

Im November 1632 starb Gustav Adolph in der Schlacht bei Lützen. Sein Tod im Kampf ließ ihn für die Erfurter einmal mehr zur Legende werden. Für die Predigerkirche, die Pfarrkirche der Schweden, stiftete im 17. Jahhundert ein reicher Kaufmann einen prachtvollen Messingleuchter mit acht Apostelfiguren. Er wird Gustav-Adolph-Leuchter genannt. Und der Gustav-Adolph-Brunnen vor dem Gotteshaus wurde 1911 eingeweiht.

Reiner Prass, Historiker und Stadtführer:

„Dieser Brunnen zeigt, dass Gustav Adolph noch lange bis ins 20. Jahrhundert hier in der Stadt hoch verehrt wurde. Er zeigt auch durch die kleineren Figuren, dass diese Zeit für die Erfurter Bürger durchaus schwierig gewesen ist. 1635 war hier die Pest gewesen. Aus den Dörfern rings um die Stadt sind die Bauern mit ihren Familien in die Stadt geflohen, so dass hier auch große Not und Hunger herrschte.“

Und natürlich: Die Schwedenzeit in Erfurt war eine Besatzung, unter der die Bevölkerung auch litt. Vorrangig ging es den Nordeuropäern ja darum, ihre millitärischen Interessen durchzusetzen. Und so bauten sie die Befestigungsanlagen rund um die Stadt massiv aus. Ein Kloster vor den Stadtoren machten sie zu ihrer Stadtfestung. Heute ist an der Zitadelle Cyriaksburg allerdings nicht mehr viel von den Schutzanlagen zu erkennen.

Reiner Prass, Historiker und Stadtführer:

„Die Schweden haben vor der Cyriaksburg Gräben angelegt, Palisadenzäune und Ravelins gebaut. Da sind dreieckige Schutzbauten, die sich vor der Festungsmauer befunden haben. Und so haben sie dann hier eine barocke Festung errichtet, in der die Garnison der Schweden untergebracht war.“

Kameramann Andreas Höfer und Assistent Lothar Grabner

So dick die Mauern auch sind, sie nützten den Schweden nichts. Denn ihre Herrschaft in Erfurt ging kampflos zu Ende. Der „Westfälische Friedenvertrag“ wollte es 1650 so. Ein weiteres Mal übernahmen die Kurmainzer die Herrschaft über die Stadt. Nun war fast alles wieder so, wie 19 Jahre zuvor.

Der Fernsehautor

Daniel Baumbach ist Diplom-Journalist und ausgebildeter Zeitungsredakteur. Seit 22 Jahren arbeitet er als freier Journalist hauptsächlich für den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Mit seinem Label „Medienspezialist“ ist der Erfurter außerdem bundesweit als Produzent von Image-Filmen und Dokumentationen, Medientrainer, Moderator sowie Unternehmensberater tätig (Qualifikation und Berufspraxis).

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